Schöpfen geht nur ohne Erschöpfung

Blog | August 2024 | Autorin: Anna Maria Schaupp

In einer Welt, die von ständiger Veränderung und steigenden Anforderungen geprägt ist, haben wir uns eine zentrale Frage gestellt: Warum ist Ausmisten so wesentlich, und wie kann es uns helfen, besser mit großen Veränderungen ohne zu erschöpfen umzugehen? Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig und betrifft sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Ebenen. 

Immer häufiger erleben wir in unserem Umfeld Symptome von Erschöpfung. Aussagen wie „Uns wird das alles zu viel!“, „Ich komme nicht mehr hinterher!“ oder „Ich habe für nichts mehr Zeit!“ sind leider alltäglich geworden. Diese Phänomene sind nicht nur individuelle Probleme, sondern spiegeln sich auch in größeren gesellschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen wider. Warum tritt Erschöpfung so häufig auf, und welche Auswirkungen hat sie auf uns? Depression, Burnout und Anpassungsschwierigkeiten sind nur einige der Folgen, die wir beobachten. Auch Organisationen sind betroffen: Sie reagieren oft mit verstärkten Kontrollmechanismen, Generationenkonflikten und Zukunftspanik. 

Der Druck des Wandels – angetrieben durch Themen wie Künstliche Intelligenz, Klimawandel, Generationenwandel und andere Zukunftstrends – verlangt nach neuen Anpassungsformen und Lösungen.  

Doch wie können wir innovativ und schöpferisch auf diese großen Fragen antworten, wenn wir erschöpft sind? 

Genau hier kommt der Bedarf zum Ausmisten ins Spiel. Der Titel der Freiräume-Konferenz 2024 „Freiraum schaffen durch Weglassen“ fasst es treffend zusammen. Um die wesentlichen Fragen der Welt beantworten und sinnvolle Lösungen finden zu können, brauchen wir Freiraum für Innovation. „Dieser Freiraum entsteht, wenn wir in der Lage sind, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen.“ Emotionale Intelligenz ist entscheidend, um diesen Prozess effektiv zu gestalten. Sie hilft uns, unsere eigenen Bedürfnisse und die der anderen besser zu verstehen und zu priorisieren, wodurch wir gezielter ausmisten und uns auf das Wesentliche konzentrieren können. 

Innovation erfordert den Mut, Altes loszulassen und sich auf neue Möglichkeiten einzulassen.  

Wenn wir uns von überflüssigem Ballast befreien, schaffen wir Platz für Kreativität und neue Ideen. Indem wir uns auf das Wesentliche konzentrieren, können wir sinnvolle Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft finden. Ein zentraler Aspekt, um diesen Freiraum effektiv zu nutzen, ist die Resonanzfähigkeit. In einer Zeit, in der soziale Entfremdung und Reizüberflutung zunehmen, ist es entscheidend, Resonanzbeziehungen zu erfahren. 

Resonanzfähigkeit bedeutet, sich bewusst mit sich selbst, anderen und der Welt auseinanderzusetzen.  

Emotionale Intelligenz spielt hier eine Schlüsselrolle, da sie uns ermöglicht, tiefere, bedeutungsvollere Verbindungen aufzubauen und in Resonanz mit unserer Umgebung zu treten. Jeder von uns kennt das Gefühl der Resonanz, wenn uns eine Tätigkeit, ein Werk wirklich berührt, wenn wir gemeinsam ein Problem lösen, mit Neugierde etwas Neues erforschen, in einen Flowzustand mit einem Team kommen oder uns in einem tiefen Gespräch erreichen und verändern lassen. Ob eine Tischlerin mit dem Holz in Resonanz kommt, eine Führungskraft mit ihrem Team, ein Lehrer mit seinen Schüler:innen – Resonanzbeziehungen sind bedeutungsvoll. Sie gehen über ein bloß positives Gefühl hinaus. Sie sind tiefe, sinnstiftende Verbindungen zur Welt, die uns in unserem Tun und Sein erfüllen. Nur durch diese bewusste Verbindung können wir bedeutungsvolle Beziehungen aufbauen, wesentliche Fragen erkennen und letztlich etwas Wertvolles erschaffen. 

Ein bewusstes Selbst – das die Fähigkeit zur Reflexion und Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem besitzt – ist unerlässlich.  

Diese Reflexionsfähigkeit hilft uns, die wichtigen Fragen zu stellen und passende Antworten zu finden. Sowohl Individuen als auch Organisationen müssen daher Bewusstseinsprozesse fördern, um den Herausforderungen der modernen Welt gerecht zu werden. Emotionale Intelligenz unterstützt uns dabei, indem sie unsere Fähigkeit zur Selbstregulation und Empathie stärkt, was wiederum unsere Fähigkeit zur klugen Reflexion und Entscheidungsfindung verbessert. 

In unserer beschleunigten Gesellschaft scheint der Zeit-Wohlstand zu sinken. Trotz technologischer Fortschritte, die uns Zeit „einsparen“ sollten, haben viele das Gefühl, dass die Zeit immer knapper wird.  

Wie bewahren wir den Wert der Zeit in einer Ära der ständigen Beschleunigung?  

Der Gedanke „Zeit ist Geld“ hat sich seit dem Kapitalismus des 17. Jahrhunderts in unserem Denken verankert und führt zu einer immer schnelleren Lebensweise. Beschleunigung geschieht auf verschiedenen Ebenen: Technologisch, sozial und im individuellen Leben. Doch diese Beschleunigung ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern auch ein strukturelles Phänomen. Es ist wichtig, sich nicht nur auf Zeitmanagement zu konzentrieren, sondern auch auf die Qualität der Zeit, die wir erleben. Die Realität spielt sich im Jetzt ab, und sich immer wieder in diesem Jetzt zu sammeln, anstatt mit den Gedanken in der Vergangenheit oder Zukunft zu verharren, verändert das Erleben der Zeitqualität. Präsenz im Jetzt und der Fokus auf Effektivität statt bloßer Effizienz tragen dazu bei, dass wir die Zeit besser nutzen und als erfüllender empfinden. 

Fazit:

Ausmisten ist mehr als nur eine körperliche Tätigkeit; es ist ein Prozess, der uns hilft, Freiraum für Innovation und Kreativität zu schaffen. Durch das bewusste Loslassen von Überflüssigem können wir unseren Geist klären und neue Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit finden. Indem wir Resonanzfähigkeit und Bewusstseinsprozesse fördern, unterstützt durch unsere emotionale Intelligenz, können wir nicht nur als Individuen, sondern auch als Gesellschaft besser mit der Geschwindigkeit des Wandels umgehen und eine sinnvolle Zukunft gestalten. 

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